Zeichnungserstellung

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Zeichnungserstellung und Bemaßung

Hier einige Richtlinien, die sich für die Serienproduktion von Kunststoffprodukten bewährt haben. Denn

  • Unvollständige oder unterschiedliche interpretierbare Zeichnungseinträge bei Bemusterungen oder Werkzeugkorrektur-Schleifen vermeidbare Unstimmigkeiten, Zeitverlust und Mehraufwand.
  • Bemaßungen und Toleranzen, die nicht fertigungs- und funktionsgerecht ausgeführt sind, führen zu erhöhten Qualitäts- und Produktionskosten.

Daher soll mit Hilfe dieser Anweisung versucht werden, bestimmte Häufige auftretende Fehler von vornherein zu vermeiden.


Tolerierung

Alle Maße auf der Zeichnung werden einzeln mit Toleranzen oder Passungsangaben (z.B. h6) versehen.

Allgemeinmaß-Toleranzen nach Normen (DIN16901, DIN7715, DIN1688, ISO2768) sollten nicht verwendet werden. Diese Normen dienen ausschließlich zur Orientierung für eine fertigungsgerechte Toleranz-Auswahl. Gründe:

  • Norm-Toleranzen sind oft kleiner (daher teurer) als es die Funktion erfordert
  • wichtige Toleranzen müssen vom Konstrukteur nachgerechnet werden
  • Nachschlagen in den Normen verursacht Mehraufwand beim Interpretieren der Zeichnung

Toleranzen sollten generell so groß wie möglich gewählt werden. Grenzen werden nur durch die Funktion (Soll-Zustand des Kunden) oder Wirtschaftlichkeit (Wandstärke) gesetzt. Toleranzfelder bei unkritischen Längen- und Durchmessermaßen bei Kunststoffteilen:

Thermoplaste:               ±1% des Nennmaßes, mindestens  ±0,1mm
Gummiteile:                 DIN7715 M3
nicht formgebundene Maße:   zusätzlich ±0,1mm
genaue Maße:                50% der Anhaltswerte oben
Toleranzangaben für Radien: ±10% des Nennradius
Toleranzangaben für Winkel: ±3 Grad (falls möglich, z.B. bei Fasen usw.)

Nur in begründeten funktionskritischen Fällen sollten Toleranzen wie ±0,1 oder kleiner (oder wie DIN 16901) verwendet werden. Maße, die durch zueinander bewegliche Werkzeugelemente (Werkzeughälften, Schieber) gebildet werden, werden 'nicht formgebunden' genannt. Auf Angebotszeichnungen werden dieselben Toleranzen wie auf Fertigungszeichnungen angegeben. Allerdings werden auf einer AZ nur wichtige Anschlussmaße angegeben.

Theoretische Nennmaße werden werden rechteckig umrahmt, und erhalten keine Toleranzangabe. Man verwendet sie

  • für Form- und Lagetolerierung oder
  • zur Definition von Meßstellen oder
  • zur Definition von Bezugsstellen oder
  • für den Abstand zwischen Bezugsstellen und Bezügen (alternativ: mit Toleranz +-0)

Zusätzliche Maße (überbestimmte Maße) werden ohne Toleranzen in Klammern gesetzt.

Bemaßung

  • Alle Maße sollten sich auf 1 gemeinsames Bezugssystems (1 gemeinsamer Nullpunkt pro Maß-Richtung) beziehen.
  • Jeder Abstand zwischen Kanten und Flächen eines Teils muss über kleine Maßketten mit wenigen (2!) Maßen bestimmbar sein.

Damit wird das Aufsummieren von Einzeltoleranzen in den Maßketten der jeweiligen Toleranzrechnungen vermieden.

  • Zusätzliche lokale, untergeordnete Bezugssysteme sind für kleine, zusammengehörige Funktionsgruppen am Bauteil zulässig.

Der Zusammenhang zu anderen Bezugssystemen muss eindeutig sein.

    • Kleinere lokale Maße (Fasen, Durchmesser) werden auf ein größeres Hauptmaß bezogen (zusätzlicher lokaler Nullpunkt), das die Lage zum allgemeinen Bezugssystem definiert.
    • Wichtige Funktionsflächen, deren Abstand zueinander in besonders engen Toleranzen liegen muss, werden direkt zueinander bemaßt.

Außer dem Abstandsmaß gibt es ein weiteres Maß von einer der beiden Flächen bis zum Nullpunkt eines Bezugssystems.

  • Die Lage von Radien wird über die Lage der Tangenten definiert.
  • Keinesfalls wird ein Radienmittelpunkt toleriert oder bemaßt!
  • Kettenmaße sind unzulässig!
  • Maße auf Achsen oder Bezugslinien, die nicht eindeutig von Kanten oder Flächen am Teil hergeleitet sind, sind unzulässig!
  • Komplizierte Konturen mit Schräge und großen Radien werden mit theoretischen Nennmaßen definiert, und über Linien- oder Flächenformtoleranzen toleriert.

Nur hier werden auch die Radienmittelpunkte als theoretische Nennmaße (ohne Toleranz) bemaßt.

  • Rippen ohne Funktionsflächen werden über die Lage der jeweilige Rippen-Mittelachse bemaßt.
  • Bohrungen oder mehrfach auftretende ähnliche Konstruktionselemente sollten bezeichnet werden mit einer fortlaufenden Nummer.

In Detailansichten wird jeweis 1 Repräsentant des Konstruktionselements bemaßt, mit Angabe der Nummern für die die Ansicht gilt. In Bohrungstabellen werden die Koordinaten der Bohrungen mit Positionstoleranzen angegeben.


Bezugssysteme

So werden Bezugssysteme aufgebaut:

  • Bezüge sollten an Flächen, Kanten oder Zylinder-Achsen (bzgl. Eines bestimmten Durchmessers!) am Teil gebildet werden,
    • Deren Lage zu vielen anderen Flächen funktionsrelevant sind,
    • die beispielsweise Kontaktflächen zu Nachbar-Bauteilen darstellen
  • Nullpunkte sollten möglichst in der Nähe der Bauteil-Mitte definiert werden, sodass kleine Nennmaße (und Toleranzen) entstehen.
  • Ebenen und Achsen zur Ausrichtung eines Bezugssystems sollten an möglichst großen Flächen, langen Achsen oder weit auseinander liegenden Bezugspunkten definiert werden,

so dass sie am Teil genau ermittelt werden können.

  • Bei größeren verzugsgefährdeten Bauteilen sollten die Bezugsstellen (Antastpunkte) zur Ermittlung einer Bezugsebene (aus 3 Punkten!) oder zur Ermittlung einer Bezugsachse (2 Punkte) ausdrücklich gekennzeichnet werden.

Ihr Abstand zueinander sollte etwa der Hälfte der Bauteil-Grüße entsprechen, und ihre Lage ungefähr symmetrisch zur Bauteil-Mitte sein. Dadurch mittelt das Bezugssystem einen Verzug des Bauteils optimal aus, sodass die Maßabweichungen minimiert werden.

Ein vollständiges 3D-Bezugssystem besteht aus:

  • Einer Bezugsebene A (aus min 4 weit auseinander liegenden Bezugsstellen definiert), als Nullpunkt für Maße in z-Richtung
  • Einer Bezugsachse B (aus 2 Bezugsstellen oder einer Kante projiziert auf diese Ebene), als Nullpunkt für Maße in y-Richtung
  • Einem Bezugspunkt C (aus 1 Bezugsstelle projiziert auf die Bezugsachse B), als Nullpunkt für alle Maße in x-Richtung.

Das allgemeinste Bezugssystem besteht für jede Messrichtung aus:

  • 2-4 Bezugsstellen, über die der Winkel der Messrichtung festgelegt wird (ggf. jeweils mit Versatz zur Bezugsebene), und
  • 1 Koordinaten-Nullpunkt in der Messrichtung (durch eine weitere Bezugsstelle oder bereits mit der Bezugsebene oben gegeben)

Dabei können

  • Bezugsstellen auch als Symmetriepunkte aus zwei anderen Bezugsstellen gebildet werden
  • Jede Bezugsstelle einen theoretischen Versatz zum daraus gebildeten Bezug besitzen
  • Dieselben Bezugsstellen am Teil für mehrere Funktionen des Gesamt-Bezugssystems verwendet werden.


Allgemeine Texteinträge

An jedem Spritzguss-Teil (dessen Größe dies erlaubt) sind Bereiche zu definieren, in denen folgende Angaben angebracht werden:

Hersteller Bild- oder Wortmaske
Hersteller Sachnummer
Formnest-Nummer
Ggf. Kunden-Zeichen
Ggf. Kunden-Sachnummer
Recycling-Kennzeichnung
Schrift 3mm hoch, 0,3mm erhaben (vertieft)
Fertigungsdatum: Datumstempel DMR6 (DMR10) nach Norm..
Änderungsstand: Indexstempel DMR6 (DMR10) nach Norm..

Auf der Fertigungszeichnungen eines Spritzguss-Teils sind folgende Textangaben erforderlich (auf Angebotszeichnungen nur in Auszügen):

Wenn nicht anders angegeben:
Nicht bemaßte Flächen   Flächenformtoleranz 0,6 (3D Datensatz - best fit)
Wandstärke              2 ±0.2
Formschräge             max. 1°
Grate                   max. 0.2 hoch und 0.2 dick, fest anhaftend
Formversatz             max. 0.2
Angußreste              max. 0.3 erhaben oder vertieft
Kanten                  gerundet mit R0.5 ±0.2 
                        (ausgenommen Teilungskanten) 
Sichtflächen            nach VDI3400 Nr. 27 (24,27,30,33)
Sicht- und Funktionsflächen ohne Formteilungen oder Auswerfermarkierungen
Innenmaße sind Kleinstmaße
Außenmaße sind Größtmaße
Definition des Bezugssystems
(Versatz von Bezugsstelle zu Bezug im Klammern, siehe Zeichnung):
Bezugs-Ebene A durch Bezugsstellen A1, A2 (4.5), A3 (15), A4 (20)
Bezugs-Achse B durch Bezugsstellen B5, B6, projiziert auf A
Bezugs-Punkt C (durch Bezugsstelle C7), projiziert auf B

Ggf. ergänzt durch folgende Eintragungen:

Abgerundet umrahmte Maße sind Funktions- und Prüfmaße. (SPC)
Maße in Klammern werden nicht gemessen.
Alle Maße gelten im aufgespannten Zustand des Teils.
Die Aufspannung erfolgt an folgenden Spannstellen: a b c d ...
Alle Maße gelten im konditionierten Zustand mit 50%rel. Feuchte.
Abweichende Messbedingungen sind zu dokumentieren.
  (bei hygroskopischen Werkstoffen wie PA).

siehe auch

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