Konstruktions-Qualität und Methodik: Unterschied zwischen den Versionen

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Allgemeiner bedeutet Konstruktions-Qualität im Bereich von Entwicklung und Konstruktion:
 
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*Die Einhaltung von Normen beeinträchtigt experimentelle Kreativität und Innovation
 
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Demzufolge müssen alle Bestrebungen zu einer Vereinheitlichung anhand klarer Zielvorgaben überprüft werden, bevor sie als Methodik eingeführt werden, sonst können sie schnell kontraproduktiv werden, was gerade im Bereich der Konstruktion angesichts des globalen Wettbewerbs weitreichende Folgen für das jeweilige Unternehmen hätte. Dazu lassen sich Teilziele herleiten mit der generellen Anforderung den Zeitaufwand zu minimieren, und zwar bei
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Demzufolge müssen alle Bestrebungen zu einer Vereinheitlichung anhand klarer Zielvorgaben überprüft werden, bevor sie als Methodik eingeführt werden. Das Gesamtziel wird definiert als Minimierung des Aufwandes (Zeitbedarf) zur Erstellung eines funktional korrekten Modells. Um den Gesamtaufwand zu minimieren, muß man den Einfluß einer Normvorgabe auf die regelmäßig vorkommenden Arbeitsgänge bestimmen. Diese Grundtätigkeiten könnte man klassifizieren mit einer Aufstellung wie:
 
#'''Neuerstellung''' einer Datenstruktur bzw Einfügung einer neuen Datenteilstruktur
 
#'''Neuerstellung''' einer Datenstruktur bzw Einfügung einer neuen Datenteilstruktur
 
#'''Löschung''' einer überflüssig gewordenen Datenstruktur bzw Datenteilstruktur
 
#'''Löschung''' einer überflüssig gewordenen Datenstruktur bzw Datenteilstruktur

Version vom 15. Februar 2012, 16:06 Uhr

Konstruktionsqualität

Die unmittelbare Beziehung zwischen Qualität und Kosten entsteht bereits in der Konstruktionsphase, denn

Die Qualität der Konstruktion bestimmt die Kosten der Produktion

Durch die Konstruktion werden viele nachfolgende Prozesse hinsichtlich Qualität und Kosten maßgeblich bestimmt: Von der Verifikation der Konstruktion (CAE), Validierung (Erprobung), Fertigungsvorbereitung (Werkzeugbau, Anlagen) bis hin zur Produktion, Prüfbarkeit, 'Qualitätskosten', dann die eigentliche Funktionalität, mögliche Fehlbedienung, Sicherheitsaspekte, After-Sales-Services und Entsorgung. Alle diese Folgeprozesse und Aspekte müssen bereits bei der Konstruktion berücksichtigt werden.. eine umfangreiche Aufgabenstellung.

Eine gute Konstruktion zeichnet sich daher durch folgende Eigenschaften aus:

  • funktionell robust (erfüllt seine Funktion zuverlässig unter allen Bedingungen)
  • kostenoptimiert (für Herstellung, Lagerung, Transport, Vertrieb, After-Sales, ..)
  • fertigungsgerecht (Urformung, Bearbeitung, Montage, Prüfung, Demontage, Recycling, Wartung, ..)
  • normgerecht (Zeichnungsnormen, Strukturierung der Daten, gesetzliche Vorgaben, ..)
  • änderungsfreundlich modelliert (klare Methodik und Struktur der Daten und Assoziativitäten/Links)

Allgemeiner bedeutet Konstruktions-Qualität im Bereich von Entwicklung und Konstruktion:

  1. Kundennutzen maximieren durch
    • Vorgaben: Lastenheft, Pflichtenheft (durch Marktanalyse abgesichert)
    • Umsetzung: Konkretes Produkt-Design, Innovation
    • Absicherung: FMEA, Erprobung
  2. Eigenaufwand minimieren in Konstruktion und nachfolgender Prozesskette
    • Konstruktion: Optimierung des eigentlichen Konstruktions-Aufwandes (Zeit, Ressourcen)
    • Qualität: Definition und Dokumentation eindeutig nachprüfbarer Qualitätskriterien
    • Fertigung: Gestaltungsregeln, Fertigungs-Know-How, Wertanalyse

Konstruktions-Qualität kann erst aus der gemeinsamen Betrachtung all dieser Aspekte bewertet werden. Es ist hingegen irreführend, die Erfüllung von Prüfkriterien aus automatischen Prüfprogrammen (QChecker, Validat, ..) bereits als Konstruktions-Qualität zu bezeichnen. Die hierbei geprüfte Datenqualität ist nur ein kleiner Teilaspekt davon.

Die Minimierung des Eigenaufwandes ist jener Bereich, in dem entsprechende Methodiken hilfreich sein können. Dabei ist zu unterscheiden zwischen:

  1. System-Methodik: Regeln in Bezug auf Erstellung und Weiterverwendung der Daten im CAD-System selbst (Datenqualität)
  2. Prozess-Methodik: Regeln zur Datenstruktur in Bezug auf die Prozesskette (PLM, Simulation, Werkzeugbau, Konstruktion von Fertigungsschritten)
  3. Anwendungs-Methodik: Gestaltungsregeln in Bezug auf die praktische Realisierung (Fertigungsverfahren und Produkt-Funktionalität)

Das Know-How des Konstrukteurs

Auch eine ausgeklügelte Methodik und Organisation darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass der entscheidende Faktor der Mensch bleibt: Die Ausbildung und Erfahrung eines Konstrukteurs kann durch allgemeine Methodiken unterstützt, aber niemals ersetzt werden. Er muss durch die Konstruktion die Funktion des Produktes sicherstellen, sowie Herstellbarkeit und Prüfbarkeit zu möglichst geringen Kosten gewährleisten. Nur bei Variantenkonstruktionen kann dies durch formale Verfahrensanweisungen und Methodiken erreicht werden. Doch bei jeder Neukonstruktion ist das Know-How des Konstrukteurs über die gesamte Prozesskette qualitäts- und kostenbestimmend. Er muss nicht nur vertraut sein mit diesen generellen Anforderungen an eine gute Konstruktion, er muss ebenso die Funktionalität und Methodik des verwendeten CAD-Systems beherrschen. Die Zusammenarbeit in einem Projektteam kann grobe Fehler möglicherweise noch frühzeitig aufdecken und abfangen, wird aber diesen grundsätzlichen Zusammenhänge nicht ändern. Die Qualifikation eines guten Konstrukteurs entsteht durch eine dementsprechende Ausbildung und Erfahrung über viele Jahre.

Es wäre nur folgerichtig, die hochqualifiziertesten Leute nicht etwa als Projektmanager sondern als (CAD-) Konstrukteure einzusetzen, was aber leider (in Deutschland) nicht gerade die gängige Praxis ist. Dabei ist es ein grundlegender Unterschied, ob jemandem auf einem Office-Seminar die Funktionen von Word, Excel & co erklärt bekommt, um damit dann Texte, Tabellen und Präsentationen zu erstellen, oder ob jemand lernen soll, mit einem CAD-System zu konstruieren. Hier genügt es nicht, die Funktionen zu kennen. Der entscheidende Punkt ist die Frage, wozu wann welche Funktion am besten einzusetzen ist. Hier beginnen Methodik und Erfahrung.

Vergleichen könnte man dies vielleicht mit dem Schachspiel. Die Regeln des Spiels sind noch einfach zu erlernen. Doch in der Anwendung, im Schachspiel selbst sieht man gewisse Unterschiede: Da gibt es Anfänger, erfahrene Spieler, Meister und vieles dazwischen. Dieselben Unterschiede gibt es auch bei Konstrukteuren und Konstruktionen, mit dementsprechenden kommerziellen (Er)Folgen für die Auftraggeber.

Somit gibt es eine ganze Anzahl von Faktoren, die die resultierende Qualität einer Konstruktion beeinflussen:

  • Know-How und Erfahrung des Konstrukteurs
  • Kommunikation mit dem Kunden vermeidet falsche Qualitätsziele
  • Kommunikation innerhalb der Prozesskette zur frühzeitigen Absicherung der Konstruktion (Projektmanagement)
  • Funktionale, zeitliche und kommerzielle Vorgaben die mit der Grenze des Machbaren abzustimmen sind

Datentechnische Methodiken

Im Folgenden wollen wir uns mit datentechnische CAD-Methodiken beschäftigen, also absehen von Gestaltungsregeln für eine fertigungsgerechte Produktgestaltung. System- und Prozess-Methodiken (wie oben definiert) haben das Ziel, den Eigenaufwand in der CAD-Konstruktion und der weiteren Prozesskette zu minimieren, also bei gleichem geometrischen Ergebnis.

Die Vorgaben einer datentechnischen Methodik können auf mehreren Wegen eingeführt und überwacht werden:

  • Startmodelle definieren Grundstrukturen
  • Prüfprogramme bewerten formale Aspekte wie Datenstrukturen, Ansichten und Namensgebungen
  • Freigabeprüfungen mit systematischer Überprüfung aller Vorgaben, als Voraussetzung für eine Freigabe
  • Weiterbildungen führen Methodiken ein
  • Verfahrensanweisungen dokumentieren Methodiken (CAD-Handbuch)

Desweiteren sind Methodiken zu unterscheiden hinsichtlich

  • Gültigkeitsbereich (abhängig von Kunde, Modelltyp, Produktklasse, usw)
  • Verbindlichkeit (Freigabekriterien, Empfehlungen, Best-Practices)

In der Praxis gibt es nun viele Konstruktions-Stile, Funktionalitäten der CAD-Systeme und eine dementsprechende Vielfalt an Möglichkeiten, die Daten zu strukturieren, auch bei identischer Endgeometrie. Diese werden stets durch die Vorgabe von Methodiken eingeschränkt, was aber nicht unbedingt zu einer Reduktion des Eigenaufwands führt. Es bestehen folgende konkrete Gefahren:

  • Durch Überregulierung entsteht Mehraufwand ohne entsprechenden Nutzen
  • Solche Ordnungs-Strukturen werden vorgeschrieben, deren Einhaltung keine Vorteile sondern ausschließlich Mehraufwand bedeuten
  • Rein ästhetische, an sich aufwandsneutrale Methodiken erzeugen doch Mehraufwand bei Einführung und Überprüfung
  • Veraltete Methodiken werden eingeführt und damit langfristig festgeschrieben, vorteilhafte Neuerungen werden übersehen
  • Die Einhaltung von Normen beeinträchtigt experimentelle Kreativität und Innovation

Demzufolge müssen alle Bestrebungen zu einer Vereinheitlichung anhand klarer Zielvorgaben überprüft werden, bevor sie als Methodik eingeführt werden. Das Gesamtziel wird definiert als Minimierung des Aufwandes (Zeitbedarf) zur Erstellung eines funktional korrekten Modells. Um den Gesamtaufwand zu minimieren, muß man den Einfluß einer Normvorgabe auf die regelmäßig vorkommenden Arbeitsgänge bestimmen. Diese Grundtätigkeiten könnte man klassifizieren mit einer Aufstellung wie:

  1. Neuerstellung einer Datenstruktur bzw Einfügung einer neuen Datenteilstruktur
  2. Löschung einer überflüssig gewordenen Datenstruktur bzw Datenteilstruktur
  3. (Parametrische) Änderung einer Datenstruktur
  4. Suche/Auswahl der zu ändernden/zu löschenden Datenstruktur
  5. Aktualisierung und Reparatur der von der Änderung abhängigen Datenstrukturen (Children)
  6. Suche/Auswahl weiterzuleitender Datenstrukturen (Ableitung in andere Datenmodelle oder Prozesse)
  7. Neuerstellung der Ableitung einer Datenstruktur in andere Datenmodelle oder Prozesse (Copy with/without Link)
  8. Weiterleitung einer Änderung an abgeleitete (verlinkte) Datenmodelle oder Prozesse (Children)
  9. Datentechnische Verarbeitung (Rechenzeit, Ladezeiten bei Datenaufruf, Visualisierung und Datenaustausch)
  10. Analyse der Konstruktions-Qualität hinsichtlich Erfüllung technischer Anforderungen
  11. Einhaltung und Analyse der Daten-Qualität hinsichtlich datentechnischer Methodik-Vorgaben
  12. Aus- und Weiterbildung der Konstrukteure bzgl. CAD-Funktionalität und Methodiken

Dabei ist unter Datenstruktur sowohl ein Datenmodell (CATPart, CATDrawing, CATProduct) als auch eine (evtl. geometrische) Teilstruktur innerhalb eines Datenmodells zu verstehen. Außerdem beinhaltet der Begriff Datenstruktur sowohl die Nennmaße als 3D und/oder 2D-Geometrie als auch die Definition der Toleranzen, Fertigungshinweise und Angaben zur Meßtechnik oder sonstigen Prüfung der Produkt-Qualität. Eine Regelung kann nun einen oder mehrere der obengenannten Aufwands-Aspekte beeinflussen. Sie ist aber nur dann zielführend, wenn in der Summe über den Produkt-Lebenszyklus (ggf auch über mehrere Produkte gemeinsam) eine Zeitersparnis zu erwarten ist, die den Einführungs- und Pflegeaufwand der Regelung selbst deutlich übersteigt. Damit sind häufiger vorkommende Abläufe dementsprechend stärker zu gewichten und zu optimieren als seltenere Tätigkeiten.

Siehe auch